4 October 2023

Hanspeter Männicke im Interview mit der Estetica

Seit 25 Jahren ist er das Gesicht von Davines in Deutschland: Hanspeter Männicke sorgt dafür,  dass die Marke auch hierzulande wächst und vertraut auf ein Umdenken im Friseursalon.

 

Was meinen Sie, beschleunigt die Coronakrise den Nachhaltigkeitsgedanken bei den Menschen?

Im ersten Moment dachte ich schon, dass die Menschen nachdenklicher werden. Und nicht nur bezogen auf die Pandemie. Das Essverhalten verändert sich ja bereits. Gewisse Dinge rücken in den Lebensmittelpunkt, die gar nicht so bewusst waren. Die Frage ist aber immer, wie beständig ist der Mensch? Wie nachhaltig ist sein Wunsch zur Veränderung? Der Schritt zurück in den Trott ist ja bequem. Ich bin mir sicher, und da ist natürlich auch ein wenig Hoffnung dabei, dass der Gedanke zur Nachhaltigkeit da ist. Ich selbst kaufe bewusst ein und verändere in kleinen Schritten auch mein Leben. Letztendlich ist es aber eine Gemeinschaftsaktion. Ich glaube auch, dass mit solch einer Welle, wie wir sie jetzt erlebt haben, auch mehr bewusst wird, dass wir als Menschen mitverantwortlich dafür sind, dass solch eine Pandemie entsteht. Wir betreiben Raubbau an der Natur, schränken Lebensräume von Wildtieren ein und haben Tiere auf dem Speiseplan, mit denen wir eigentlich nie in Berührung gekommen wären… 

Wie sieht für Sie ein nachhaltiger Salon aus?

Für mich gibt es keinen Salon, der typisch nachhaltig ist. Das ist ein vielfältiger Prozess. Ein nachhaltiger Salon hat mit Menschen zu tun. Mit einer bewussten Haltung: Wie führe ich meinen Salon, wie führe ich meine Mitarbeiter, welche Möglichkeiten gebe ich ihnen? Sind meine Ziele nur profitorientiert? Der nachhaltige Salon ist ja nicht nur ein in irgendeiner Form grüner Salon mit einem Zertifikat. Es ist für mich „ein Bewusstsein schaffen“, dass ich als Salon beginnen muss, umzudenken. Stichwort Umweltschutz: Der Arbeitgeber zahlt den Mitarbeitern zum Beispiel das Busticket oder gar ein Fahrrad, wenn er nicht zu weit weg wohnt. Was ist mit meinem Geräteeinkauf? Was ist mit meinem Wasser, meinem Strom? Strom und Wasser sind die Hauptpunkte. Dazu kommt der Müll. Wie kann ich meinen Kunden dazu bringen, mitzumachen? Ich kenne einen Salon, der gibt seinen Kunden einen Rabatt, wenn sie statt dem Auto mit dem Rad zum Termin kommen. 

Und was kann der Salonbesitzer tun? 

An die Mitarbeiter denken, sein Wasser, Strom, Müllthema unter die Lupe nehmen. Der Wechsel zu einem ökologischen Stromanbieter kostet heute nicht mehr als bei den Stadtwerken. Mit welchen Lichtmitteln arbeite ich? LED Technik ist eine Alternative, um an seinen Stromkosten zu arbeiten. Dann ist das Thema Einrichtung interessant: Gibt es ökologische Materialien? Mehr grün, mehr Pflanzen, die ein gutes Klima im Salon bewirken. Pflanzen nehmen übrigens auch Gerüche auf. Ich habe beispielsweise tolle Wandbepflanzungen gesehen. Eine schöne Optik, ein beruhigendes, entspannendes Ambiente für Mitarbeiter und Salongast. Eine ganz andere Atmosphäre…

Hat Davines einen Einrichter, den die Marke empfiehlt?

Nein, Davines hat keine Vorgabe hinsichtlich Saloneinrichtung. Der Friseur kann seinen Salon so einrichten, wie er gedenkt, es zu tun. Viele Salons haben aber bereits schon einen nachhaltigen Gedanken, wenn sie sich für Davines entscheiden. Der Salonchef entscheidet sich zum Beispiel für alte Wertstoffe, eine alte Tür, einen alten Tisch als Arbeitsplatz. Stichwort Recycling. Wir leben als Großhandel natürlich auch von der Neueinrichtung. Aber generell macht es Sinn, ans Recycling zu denken. Nachhaltigkeit beginnt auch bei unserer Verschwendungsgesellschaft. Neben dem Produkteinkauf kann sich ein Salonbesitzer also auch mit solchen Dingen beschäftigen. So entsteht dann natürlich auch ein Salon, der einzigartig ist, mit eigener Handschrift. 

Nachhaltigkeit und gesundes Wachstum einer Marke – Davines ist da ja Vorreiter.

Im Grunde genommen ist es in jeder Branche gleich. Die Grundfrage ist, was möchte ich? Ein profitorientiertes Unternehmen oder ein gesundes Unternehmen? Wenn es nur um den Profit geht, dann geht es schnell an die Rohstofflieferanten, die Kosten von Mensch und Maschine. Controlling setzt an, was ausgegeben werden darf. Bei Davines gilt: Wir wollen Dinge in Freiheit entwickeln. Wir möchten ein Ergebnis erreichen. Am Rohstoff wird nicht gespart. Dieser sollte nach Möglichkeit regional sein. Man muss den Menschen dahinter kennen, sogar bis hin zum Bauern, der die Pflanze zieht. Ich brauche natürlich ein gesundes Wachstum, das sich rechnet. Aber der Begriff des Profits steht nicht im Vordergrund. Wir wachsen mit Davines in Deutschland nach wie vor zweistellig, obwohl die Gesamtbranche ja im einstelligen Minus läuft. 

Dann gibt es ein Erfolgsgeheimnis? Oder warum macht sich Davines keine Sorgen um die Zukunft?

Der Verbraucher muss eine Begeisterung für das Produkt entwickeln. Produkte zu entwickeln, um sie an Friseure zu verkaufen ist nicht der richtige Ansatz. Die Produkte müssen den Endverbraucher begeistern. Gesundes Wachstum einer Marke, wie das von Davines, geht immer Hand in Hand mit dem Endverbraucher. Wir bieten ein nachhaltiges Produkt, das funktioniert, den Kunden begeistert und einen Suchtcharakter erzeugt. Wir wollen natürlich mehr Salons erreichen, die aus der Spirale rauswollen. Bei Davines steigt der Friseur mit einem gewissen Grundsortiment ein, aber ohne Jahresziel. Gesundes Wachstum erzeugen bedeutet auch, mehr Türen zu öffnen, weil die Situation nach wie vor auch in Deutschland nicht so rosig ist. Die Salons in Deutschland erleben nach der ersten Welle nun doch eine ruhigere Phase. Wie wichtig der Friseur für die Menschen ist, wurde natürlich in Zeiten der Salonschließung sichtbar. Dennoch entsteht eine gewisse Vorsicht. Auf der anderen Seite sparen die Menschen ihr Geld auf dem Konto. Und dann sehen wir auch, dass die Menschen doch bewusster einkaufen und bereit sind, mehr Geld für nachhaltige Produkte auszugeben. 

Sind neben dem Salon von Tarik D. in Berlin weitere Akademie-Salons geplant?

Wir arbeiten ja auch mit Yvonne Flick-Barbanti in Köln zusammen. Sie hat einen neuen Salon in Deutz „Hair Creativ” aufgemacht. Die Zielplanung ist, dort auch Seminare anbieten zu können. Die Größe ist ähnlich wie der Salon in Berlin. Köln liegt zentral. Was Seminare betrifft, da haben wir relativ schnell auf Webinare umgestellt. Wir sind montags immer noch sehr gut besucht. Das hat sich bewährt. Doch auf Dauer können Webinare Präsenzseminare natürlich nicht ersetzen. Hier starten wir langsam wieder – in dem Umfang, den die aktuelle Lage zulässt.

Was wünschen Sie sich von der Friseurbranche für die Zukunft?

Ich erwarte eigentlich schon noch mehr Fairness. Weniger Umsatzdruck für den Friseur aus der Industrie. Der Friseur braucht zudem höhere Margen beim Produktverkauf. Der Salon muss auch nicht der Verkäufer sein. Er soll nur der Ort sein, an dem man gute Produkte kaufen kann. Das Produkt muss mehr bringen, als es kostet. Bei Davines steigt die Verkaufskurve deutlich, obwohl es bei uns keine Verkaufsstrategie gibt. Im Idealfall bringt das Produkt den Salongast zurück, sodass er nachkauft. Das kann nur das Produkt leisten. Und das ist die Aufgabe von Davines als Hersteller. Ein Tropfen Liebe, wie ich es nenne – dieser kommt beim Endverbraucher an. Und was ich mir wirklich wünsche, ist eine bessere Entwicklung der Friseure, sodass sie ihren Wert erkennen und dass dieser Wert auch anerkannt wird. Denn ein Friseurbesuch ist etwas Wertvolles. Friseure werden einfach zu schlecht bezahlt, deshalb gibt es kaum Nachwuchs. Hier muss eine Lösung gefunden werden. Wie kann ich den Beruf des Friseurs wertiger gestalten? Man muss einfach fairer miteinander umgehen. 

Stichwort Top Hair Messe 2021 – Wird die FPE mit Davines dabei sein?

Tja, wenn die Welt es zulässt. Der Messestand war im März schon auf dem LKW. Wie umfänglich wir was auf der Messe tun, hängt von den Umständen ab. Die Frage ist, ob mit dem Bewusstsein des Social Distancing eine Messe wie zuvor überhaupt noch stattfinden kann. Das sind einfach Fragezeichen, die wir derzeit nicht beantworten können. Eins ist klar, über Webinare kann man nicht alles abdecken und der Friseur ist ja bekanntlich ein Kontaktmensch.

Gehen Sie mit uns ein Stück in die Zukunft, worauf dürfen wir gespannt sein in 2021?

Es gibt mit Sicherheit etwas, aber das darf ich noch nicht verraten. Das „A Single Shampoo“ ist ja ein Grundlagenprojekt. Das Thema nachhaltige Entwicklung ist ein Prozess, der damit angesteuert wurde. Er zieht sich durch die gesamte Produktionskette aller Linien Stück für Stück. So wird die Nachhaltigkeit noch tiefer integriert. Wo Davines mehr Flagge zeigen möchte, ist beim Thema Farbe. Davines hat ein Vollsortiment an Farbe, das selbst entwickelt und produziert wird. Die Davines-Farbe Mask with Vibrachrom hat über 86% natürliche Inhaltsstoffe. Entscheidend sind Deckkraft, Haltbarkeit, Glanz. Aber natürlich auch Abbaubarkeit und Umweltfreundlichkeit. Der Friseur ist „erzogen“ und hat mit den großen Marken der Branche gelernt. Die neue Farbe von Davines ist so konzipiert, dass auch diese Friseure mit Davines färben können. Noch steht Davines in Sachen Color nicht im Fokus. Ich kann aber heute schon sagen, es tut sich bereits einiges in Sachen Farbe und wir haben noch ein paar andere neue und spannende Projekte in Vorbereitung. Aber einen kurzen Moment ist das noch alles top secret.

Vielen Dank für dieses spannende und mit Sicherheit nachhaltige Interview! 

Mehr Informationen zur Marke unter: davines.com 

   

 

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