29 March 2024

Mehr Service, mehr Umsatz? Estetica im Interview mit Branchenkenner Nikbin Rohany

Die Pandemie ist auch für Friseure keine leichte Zeit: Die beiden Lockdowns haben die Salons auf eine harte Probe gestellt. Wie es weitergehen kann:

Zwar brachte die Wiedereröffnung der Salons im März einen kleinen Hoffnungsschimmer, trotzdem steht die Branche weiterhin vor großen Herausforderungen. Verlorene Umsätze müssen ausgeglichen werden, gleichzeitig steigen die Kosten und der Organisationsaufwand in den Salons durch die Hygienekonzepte. Es gilt, sorgsam zu wirtschaften und Kosten optimal zu kalkulieren – und ggf. die Preise entsprechend anzuheben. Doch steigende Preise müssen gegenüber den Kund:innen verargumentiert werden. Gute Argumente dafür liefert allem voran ein Plus an Service. Nikbin Rohany, CEO des Software-Unternehmens Shore erläutert, wie sich das Service-Level einfach und kosteneffizient durch digitale Lösungen anheben lässt.

 

Den Kundenservice digital verbessern – das klingt erst einmal nach Investitionen. In dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit durchaus ein heikles Thema für die Salons. Wo liegen die konkreten Vorteile?

Nikbin Rohany: Ja, auf den ersten Blick scheint die Lage für Investitionen natürlich denkbar schlecht: Durch die Schließzeiten mussten zahlreiche Salonbetreiber:innen ihre Rücklagen nutzen, um die Zeit bis zur Wiedereröffnung zu überbrücken. Und auch jetzt ist die Lage noch sehr angespannt, können doch deutlich weniger Kunden betreut werden. Trotz dieser akuten Probleme sollten Salons die langfristige Perspektive nicht völlig aus den Augen verlieren. So werden Kund:innen viele ihrer neuen Konsumgewohnheiten voraussichtlich nach der Pandemie beibehalten. So werden digitale Dienste immer mehr zur Selbstverständlichkeit, ob es nun um digitale Terminbuchungen, Bestellungen oder elektronische Bezahlmöglichkeiten geht. Salons können sich, wenn sie diese Möglichkeiten bereits heute nutzen, positiv von der Konkurrenz abheben, ein überdurchschnittliches Kundenerlebnis bieten, die Beziehungen zur Kundschaft festigen und so auch ein höheres Preisniveau erfolgreich durchsetzen.

 

Die Konsumgewohnheiten haben sich durch die Pandemie hin zum Digitalen verändert. Ist es deshalb gerade jetzt so wichtig, die Kunden auch online anzusprechen?

Nikbin Rohany: Dadurch, dass in der Pandemie der Großteil der Kommunikation über digitale Kanäle abläuft, ist es für Friseure wichtiger denn je, dort sichtbar zu sein. Zudem können Friseure so nicht nur bei den aktuellen Kund:innen im Gedächtnis bleiben, sondern auch potenziellen Neukund:innen positiv ins Auge fallen, wie durch eine zeitgemäße Internet-Präsenz. Eine Website, bei der man das Gefühl hat, sie sei optisch auf einem Stand von vor zehn Jahren, vermittelt den Besucher:innen auch ein altbackenes Bild von dem Salon insgesamt. Ein modernes, hochwertiges Design und regelmäßig aktualisierte Informationen und Angebote hingegen vermitteln das Gefühl: Dieser Friseursalon ist am Puls der Zeit!

Doch das ist noch lange nicht alles. Neuigkeiten sowie spezielle Angebote und Aktionen laden zum wiederholten Website-Besuch ein. Interaktiv und noch service-orientierter wird die Seite durch Online-Terminbuchungsfunktionen inklusive Erinnerung oder direkten Kontaktmöglichkeiten, beispielsweise über Chats. Auch zusätzliche Umsatzquellen können dort erschlossen werden, etwa durch einen Webshop mit ausgewählten Pflegeprodukten.

 

Allein eine gute Website hat also bereits zahlreiche Vorteile für Friseure. Welche digitalen Kanäle sind gerade aktuell noch hilfreich?

Nikbin Rohany: Da gibt es noch einige: Da sind natürlich Social-Media-Kanäle und Suchmaschinen, insbesondere, da Instagram oder Google inzwischen direkte Terminbuchungen ermöglichen. Zudem können auch ein gut gemachter Blog oder ein regelmäßiger Newsletter helfen, die Kundenbindung zu stärken. Auf der einen Seite können so potenzielle Neukund:innen auf den Salon aufmerksam werden, auf der anderen Seite werden die Beziehungen zu bestehenden Kund:innen gestärkt. Die Salons rufen sich so regelmäßig positiv in Erinnerung – und an kurzweiligen, leicht zu konsumierenden Inhalten mangelt es zumeist nicht, ob Styling-Tipps oder Frisurentrends in Form von Fotos oder Videos.

 

Welche Möglichkeiten für digitale Services bieten sich darüber hinaus für den Salon selbst?

Nikbin Rohany: Neben innovativen Technologien sollten sich Salons erst einmal um eine solide digitale Basis kümmern. Dazu zählen unter anderem ein digitales Kassensystem, das die Anforderungen der Kassensicherungs-Verordnung erfüllt, sowie die Buchhaltung und Steuerprüfung maßgeblich effizienter gestaltet und den Kund:innen gleichzeitig flexible Zahlungsoptionen bietet.

Darüber hinaus können digitale Tools in den Salons die Kundenorientierung und den Service auf das nächste Level heben. Tablets mit Kameras und Augmented-Reality-Anwendungen können Kund:innen Live-Vorschauen von Stylings oder Haarfarben präsentieren. Auch interaktive Produktpräsentationen mit Videos und Bildern nehmen zu. Die Technologien dazu sind bereits seit einigen Jahren auf dem Markt vorhanden. Nun kommt es auf einen ganzheitlichen Praxiseinsatz an, um den Kund:innen ein neues Friseurerlebnis zu bieten.

Eine ganze Reihe an technologischen Möglichkeiten für die Salons stehen also schon bereit. Schauen wir einmal “in die Glaskugel”: Wo könnte die Reise in Zukunft hingehen?

Nikbin Rohany: Ich denke, eine erste Idee zur Zukunft der Branche vermittelt der kürzlich in London eröffnete Salon von Amazon, in dem der praktische Einsatz neuer Technologien, wie eben Augmented Reality, in einem Gesamtkonzept präsentiert werden. Aber das ist meiner Meinung nach kein Grund für Panik, sondern Anlass zur Inspiration und Neugier, was heute technologisch schon möglich ist. Denn auch wenn das Friseurhandwerk selbst in absehbarer Zeit nicht digitalisiert oder automatisiert werden kann, werden doch die Salons durch neue Technologien immer kunden- und serviceorientierter – eine erfreuliche Entwicklung, auch für die Salons.

Mehr und besserer Service steigert auch die Bereitschaft der Kund:innen, mehr zu bezahlen – eine Win-win-Situation für alle Beteiligten!

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