4 October 2023

Interview: Timur Lawrenyuk von Gieseke trifft Mike Karg 

“Haare schneiden ist eine internationale Sprache.” – Mike Karg, Gründer der gleichnamigen Toolmarke aus den USA

Gieseke cosmetic und Mike Karg, DryCutting Pionier und Scherendesigner sowie Gründer von Karg Inc. (New York, USA) und Hairstyling & Products Switzerland starteten zu Beginn diesen Jahres ihre Zusammenarbeit. Das KARG-Scherensortiment – erhältlich seit März – besteht aus 10 Scherentypen, die zusammen mit der dazugehörige KARG DryCutting Philosophie in Form von Seminaren, exklusiv über Gieseke cosmetic den Weg in die Friseursalons in Deutschland und Österreich finden.

Mike Karg

Zu den Themen „All about short/medium Hair“ und „DryCutting Session“ werden jeweils 3 Seminartage im ersten Halbjahr 2022 mit Mike Karg angeboten.

Timur Lawrenyk, Creative Director der Unique Way Akademie von Gieseke, und Mike Karg über ihre gemeinsame Haar-Leidenschaft:

Hi Mike, schön dass du es geschafft hast. Ich würde einfach direkt mit der ersten Frage starten. Du lebst ja in den USA und in der Schweiz, was ist denn der größte Unterschied zwischen diesen beiden Ländern?
Ich habe eine Firma in New York und eine in der Schweiz und bin vor knapp 19 Jahren aus den USA zurück in die Schweiz gezogen. Einer der größten Unterschiede, gerade auf unseren Friseurberuf bezogen, der mir in den Sinn kommt ist, dass man den Amerikaner sehr schnell für etwas begeistern kann, was beim Schweizer vielleicht etwas länger braucht, aber hat man den Schweizer einmal erfasst, ist er eine treuere Seele, wo dann eben der Amerikaner eher schnell auf einer anderen Hochzeit tanzt. Dann ist da ganz sicher noch das “Zelebrieren”, gerade das Barbering, Clipper Cutting… Die Amerikaner zelebrieren das immer richtig. Diese ganzen Trends, die kamen ja von Amerika nach Europa. Hinzu kommen die sozialen Medien, die die Trends in den USA schnell in die breite Masse transportieren.

Was macht den Beruf für dich aus, was gefällt dir am besten, was ist dein Antrieb?
Der Beruf hat ja super viele Facetten, das kann das Konventionelle sein, was wir kennen: Nach der Lehre arbeitet man als Friseur oder Friseurin, eröffnet vielleicht ein Geschäft, hat Angestellte… Man hat ein schönes Leben und kann seine Selbständigkeit ausleben. Ich wollte noch nie nur ein Friseurgeschäft. Das Schöne an dem Beruf ist, dass man viele verschiedene Dinge machen kann: Im Bereich Education zum Beispiel, der mich für meiner Karriere interessiert, habe ich für verschiedene Haarfirmen gearbeitet. Man kann hinter den Kulissen und auf der Bühne arbeiten oder auch mitwirken bei Produktentwicklungen. So habe auch ich vor über 20 Jahren meine erste Schere lanciert. Die Möglichkeiten sind endlos. Das Allercoolste ist, Haare schneiden ist eine Internationale Sprache. Ich habe Shows in Japan gemacht, ich war auf China Tournee, ich war auch schon in Russland, in Moskau und ich kann ja kein Japanisch, Chinesisch oder Russisch. Aber ich kann Haare schneiden und das verstehen alle. Das ist diese internationale Sprache, von der ich spreche. Man kann auf der der ganzen Welt arbeiten. Ganz am Anfang, gleich nach der Lehre, wollte ich mal auf ein Kreuzfahrtschiff, den Gedanken hatte ich dann aber gleich wieder verworfen. Aber nochmals: es gibt so viele Möglichkeiten auch im Fernsehen, Film, Fotoshootings, alles.

Man hat viele Auftritte, Interviews, Salonschulungen – und muss immer präsent sein. Gab es einen Moment an den du dich erinnern kannst, wo du besonderes nervös warst? Also ganz ehrlich Timur, ich bin heute Morgen hier hergekommen und bin nervös. Ob es jetzt ein Interview ist, eine Schnittfabrik, ob es ein Workshop ist, ein Auftritt in Amerika ist oder nur mein Team zu sehen und eine Show zu machen; ich bin ich immer noch nervös und das ist gesund. Solange ich das noch bin, a: interessiert es mich, b: beschäftige ich mich damit und c: gebe ich mir Mühe.

Du hast auch mit Hollywood Hair Colorist Michael Canale zusammengearbeitet. Wie kam es dazu?
Michael Canale habe ich in L.A. kennengelernt. Er hat mir, als ich ihn kennengelernt habe gesagt, dass er verschiedene Städte bereist. Ich war 21, er ist um die 10 Jahre älter als ich. In verschiedene Städte zu fliegen war für mich damals großes Kino. 7,8 Jahre später habe ich ihn dann wieder gesehen, als ich schon in L.A und Umgebung gearbeitet habe. Er hatte sein eigenes Geschäft in Beverly Hills und mich dann gefragt, ob ich den Bereich Cutting & Styling übernehmen will, denn er ist ja Colorist und in L.A. ist es so, dass man entweder schneidet oder färbt. So begann unsere Zusammenarbeit. Allerdings ist er der Superstar im Salon und coloriert bis heute das Haar der bekanntesten Personen wie von Jennifer Aniston. Die Haarfarbe, die alle Frauen haben wollen – ob in Europa oder in Amerika. So hat er sein ganzes Business aufgebaut, seit der ersten Folge „Friends“. […]

Das System der reinen Styling-Salons scheint mir auch aus Amerika zu kommen. Genau, die Blow-Dry Bars. Die Idee ist in L.A geboren. Es kommt immer drauf an wo in Amerika, aber gerade in New York und Los Angeles speziell, sieht man dieses System. Ich kenne keinen Hairstylisten, der alles kann (Schneiden, Färben, Stylen). Es ist immer nur ein Fokus. Und da komme ich wieder auf das Zelebrieren zurück. Mich überrascht noch immer, dass man das in der Schweiz oder Deutschland nicht so kennt; ich meine einen Salon, der zum Beispiel nur Haarfarbe macht und das auch richtig zelebriert. Das gibt es schon, aber gibt es einfach zu wenige.

Wir haben auf jeden Fall unseren Spaß am Beruf, was uns ja da hingebracht hat, wo wir heute sind. Du als viel beschäftigter Mann bei Shows, Auftritten und Seminaren bist öfter mal völlig ausgelaugt. Wie erholst du dich von solchen Tagen? Das Schöne an unserem Beruf ist ja, dass man am Ende des Tages ein Ergebnis hat. Klar ist man etwas erschöpft, aber man hat Menschen glücklich gemacht und das ist ein schönes Gefühl. Das gilt auch für einen Bühnenauftritt. Ganz früher war es sicher ein kühles Bier. Heutzutage ist es alkoholfrei und ich gehe laufen, um neue Kraft zu tanken. Was man nicht vergessen darf ist, dass unser Beruf eigentlich echt anstrengend ist. Man ist immer auf den Beinen, man isst schnell, man drückt sich im Stehen noch das Sandwich runter, man muss immer gut drauf sein, egal wie es einem wirklich geht. Das alles ist anstrengend. Ich habe mich mit Anfang 20, 30 und 40 anders regeneriert. Als ich noch in New York gewohnt habe, bin ich mit 20 gar nicht nach Hause. Ich bin vom Salon direkt in die Bar. Sorry, aber wenn man jung ist meint man, man wäre unsterblich. (lacht).

Ich bin mir sicher, dass das noch nicht alles ist und du schon wieder neue Pläne schmiedest. Kannst du uns mitnehmen? Ja natürlich, man sagt ja auch, man soll nie stehen bleiben. In den letzten 20 Jahren haben wir eine erfolgreiche Scherenlinie kreiert. Wir haben andere Technologien verwendet und damit einen Nerv getroffen. Wir haben das ganze Trockenhaar schneiden zelebriert. Und wir haben Technologien entwickelt, bei denen uns bisher keine andere Scherenfirma das Wasser reichen kann. Wir sind eine sehr moderne Scherenfirma. Ich glaube auch deshalb konnten wir uns so fest integrieren. Der nächste logische Schritt sind Haarprodukte. Ich habe schon welche, mein erstes habe ich mir schon vor 20 Jahren ausgedacht. Karg Perfect Styling Wax. Und jetzt ist es eine ganze Linie, die ich hoffentlich in diesem Jahr lancieren kann. Ein Hobby von mir ist es übrigens, Haarprodukte zu sammeln. Echt! Die Technologien dahinter interessieren mich sehr und die werden immer besser. Ja, ich habe eine Affinität zu Scheren, Kämmen – und Haarprodukten. Denn um unsere Arbeit zu unterstützen, brauchen wir eben ein gutes Styling Produkt.

Du hast mittlerweile ein eigenes Seminarprogramm und bist bekannt für Dry Cutting.
Ich hatte schon früher Trockenhaar geschnitten. Und die Schere die ich hatte, hat das Haar nach 3-4 Kunden nicht mehr geschnitten. Ich hatte eine Strukturschere, ich liebe es, ganze Haarschnitte mit einer Strukturschere zu kreieren. Ich dachte mir dann, dass es nicht sein kann, dass es keine Schere gibt, die für Trockenschnitte länger hält. Dann habe ich gesagt, okay, ich mache mein eigenes Ding. Dabei erfindet man das Rad nicht neu. Man nimmt etwas und macht es besser. Ich habe das Teil genommen und es auf meine Art und Weise besser gemacht. Etwas länger, die Zähne zusätzlich verzahnt und die Schneide von oben, im asiatischen Stil. Dann habe ich die Haare an einem Stand damit geschnitten. Bei einer Messe habe ich die Leute aus dem Publikum gezogen und live gezeigt wie das Teil funktioniert. Und damit haben wir den Zahn der Zeit getroffen.

Mike Karg

Und dann kam noch die Top Hair Schnittfabrik. Genau, das kam dann später. Ich war Mitinitiator von der Schnittfabrik vor ungefähr 16 Jahren auf der Messe in Stuttgart und das Konzept ist bis heute noch erfolgreich. Alle 30 Minuten kommt jemand Neues auf die Bühne und es geht einfach nur um Tools. Die Friseure die etwas zeigen, zeigen einfach ihre Kreationen oder die von Firmen. Für uns hat das wirklich gut funktioniert, eine Scherenfirma und ein Friseur. Ich bin ja nicht irgendein fiktiver Name. Die Scherenlinie heißt Karg mit einer Person dahinter, einer Story eines leidenschaftlichen Friseurs.”

Die Zusammenarbeit mit der Firma Gieseke cosmetic und dir, was erwartest du da und wie geht es dann weiter? Ich bin ein Fan von Einfachheit. Das heißt, ich gehe schnell von Punkt A zu Punkt B. Heutzutage gibt es so viele Möglichkeiten, Arbeitsschritte zu vereinfachen und das ist es, was ich mache. Ich bringe keinem Friseur und keiner Friseurin das Haare schneiden bei, ich zeige einen anderen Weg, der für mich funktioniert und wovon sie dann etwas in ihren Arbeitsalltag übernehmen können. Wie vorhin gesagt, ganze Haarschnitte mit einer Strukturschere, die Feinarbeit mit einer Effilierschere, den Basishaarschnitt mit einer Präzisionsschere oder eben das Verfeinern im Trockenhaar zum Beispiel… ich bin ja nicht der Erfinder von Trockenhaarschneiden. Das Konventionelle ist ja waschen, schneiden, föhnen, nachschneiden. Jetzt kann man das auch umdrehen, man kann zuerst schneiden, dann waschen und föhnen. Da gibt es gibt ja keine Regel. Das kann man angehen wie man will. Wir haben Tools entwickelt, die das Haare schneiden richtig einfach machen. Wie ich eben sagte, eine moderne Scherenfirma, die wirklich auf den modischen Aspekt, wie das Haar heute getragen wird ausgelegt ist. Und die mit einfachen Tricks und unseren Scheren das gewünschte Ergebnis erzielen lässt.

Als wir die Scheren das erste Mal in unserer Unique Way Akademie sahen, haben wir am Anfang viel zu kompliziert gedacht und gemerkt, dass was ganz anderes und dennoch Einfacheres dabei rauskommt.
Schön dass du das gesagt hast, dazu kommt natürlich ein Haarschneidesystem, was ich entwickelt habe. Man kann ganz einfach so Haare schneiden wie man es gelernt hat und wie man sicher ist und dazu meine Schere anwenden – und bekommt ein ganz anderes Ergebnis. Das Schöne und Einfache daran ist: Man muss nicht alles umkrempeln. Es ist ein Plus. Und nochmal, ich bin ein Fan von Einfachheit, ich mag es nicht, wenn es kompliziert ist. Eine andere Schere, so funktioniert es: wow! Und ich glaube an diesen Wow-Effekt.

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