So viel Input an nur einem Tag, so viele Ideen und greifbare Tipps für den Friseursalon. Wir haben hier einen Auszug aus einem wirklich spannenden Interview für euch.
Paul Mitchell x Robert Cromeans, Mary Cromeans und Stephanie Kocielski: Business & Trend Tipps deluxe:
Robert, was ist das Schönste an deinem Job?
Robert Cromeans: Ich denke, das Schönste ist, besonders wenn man eine Hair Show macht, zu sehen, wie glücklich die Models sind. Ich behandle sie alle wie Kunden im Salon, als ob sie mich bezahlen würden. Das ist der Part, der die Marke Paul Mitchell einfach anders macht. Für einige Friseure zählt nur ihr Ego. Sie schneiden das Haar ab und später weinen die Mädels. So arbeite ich nicht. Ich würde das Haar lieber nur ein wenig kürzen, sodass es dem Model und auch dem Publikum gefällt. Paul Mitchells Kultur beginnt backstage bei den Models und auf Fotoshootings.
Wenn wir uns die Models für dieses Event anschauen, dann sieht es so aus, als ob es wieder Zeit für ausdrucksvolle, knallige Farben ist?
Stephanie Kocielski: Ich denke, jeder kann alles tragen. Es kommt immer drauf an, was man als Friseur empfiehlt und natürlich ist es auch immer Geschmackssache. Vor ein paar Monaten war ich hellgelb und hellgrün und dann nannte mich jemand Joker und ich solle gehen und mir wieder die Haare blond färben lassen. Wir haben bei Paul Mitchell eine schöne Farbpalette. Mit den Haaren ist es wie bei der Kleiderwahl. Farbe setzt immer einen schönen Akzent. Selbst leuchtend gelbes Haar wie hier bei dem einen Model sieht absolut so aus, als wäre es für sie gemacht. Einfach ausprobieren! Man lebt nur einmal!
Was ist Trend für dich, für euch?
Robert Cromeans: Ein Trend definiert sich nie über den Zuschauer, sondern über die Trägerin. Es geht um die Person, die das Haar trägt. Auf meinem Trip hier durch Europa sehe ich auf den Straßen Rot und Blau, aber ich sehe auch schönes Braun. Und Kunden wissen, was Curtain Bangs sind, sie wissen, was Beachwaves sind oder ein Wolf Cut. Es ist die aufregendste Zeit, die ich je in der Haarbranche erlebt habe, weil die Kunden viel wissender sind. Außerdem ist Kommunikation heute mehr visuell, weniger verbal. Kunden kommen mit Fotos in den Salon. Ich glaube, wir befinden uns jetzt in einer neuen Ära. Instagram und all diese Dinge haben die ganze Welt verändert. Jeder hat Einblick in globale Trends. Aber Trends sind individuell, das liegt bei dir als Friseur und beim Kunden.
Und was ist mit grauen Haaren? Ist grau lukrativ?
Robert Cromeans: Oh ja. Pay Day, Baby! Während der Pandemie gab es diesbezüglich ja eine Revolution. Viele haben ihr Haar grau rauswachsen lassen, aber es braucht immer noch Pflege, und es gibt nichts Sexieres als ein schöner Kopf voller grauer Haare. Da ist eine gewisse Schönheit in grauem Haar.
Lasst uns nochmal das Konzept mit dem Stundenhonorar aufgreifen.
Mary Cromeans: Wir wenden das Konzept bei uns in den Salons an. Vor ungefähr drei Jahren hatte ich eine Kundin mit schwarzem Haar. Wir hatten sie dunkel gefärbt und dann später wollte sie wieder blond werden. Das wollte ich nicht wirklich tun. Um ehrlich zu sein, ich wusste, dass ich lange brauchen würde, und sie kam ungefähr um zwei Uhr nachmittags. Sie war auch nur für ein Touch-up eingeplant. Ich sagte dann, okay, wissen Sie, es wird 150 Dollar pro Stunde kosten, und es könnte sechs bis sieben Stunden dauern. Ich habe tatsächlich versucht, sie durch den Preis abzuschrecken, damit ich sie auf einen anderen Tag verschieben könnte. Sie sagte: „Ich weiß, man hat mir das bereits am Telefon gesagt. Ich habe Geburtstag heute und ich will nicht mit schwarzen Haaren heimkommen. Also, tun Sie, was auch immer Sie tun müssen, es ist mir egal, was es kostet.“ Die Kundin war also happy. Ich überprüfte dann im Anschluss, wie teuer es nach normalem Abrechnen gewesen wäre und es war ziemlich nah dran, wenn nicht genau. Mir wurde klar, dass ich ihr nie im Leben so viel berechnet hätte, ich hätte Miese gemacht. Ich kenne mich selbst. Ich hätte meine Vorbehandlung, meinen Toner, meine Nachbehandlung und all die zusätzlichen Aufhellungen nicht eingerechnet. Denn alles, was ich tat, musste ich im Grunde zweimal machen, weil ihre Haare so schwarz waren und sie sehr blond sein wollte. Mit dem Bezahlen pro Stunde ging es uns beiden super. Sie wusste, es dauert nicht mehr als sechs Stunden, also nicht mehr als 900 Dollar. Mittlerweile wende ich das System sogar an, wenn es nur ein Haarschnitt ist. Denn auch dafür brauche ich mindestens eine Stunde. Ich habe das Gefühl, dass es die Kommunikation enorm verbessert und der Kunde viel einfacher mitgeht: Dies ist der maximale Preis, den es geben wird. Ich mache das seit drei Jahren und es funktioniert einwandfrei.
Ihr habt auch ein Stornierungssystem etabliert?
Mary Cromeans: Ja, wir haben ein Termin-Stornokonzept im Salon, das wir vor 2020 nicht unbedingt eingehalten haben, weil wir die Kreditkarte nicht vorab hatten. Wenn heute ein Gast einen Termin bucht, dann nehmen wir auch vorab die Kreditkartendaten und bewahren sie in einer sicheren Datei auf. Man kann seinen Termin bei uns 24 Stunden vorher kostenlos stornieren. Wir haben es den Kunden vorab erklärt. Wenn sie ihre Kreditkartendaten nicht da lassen, müssen wir leider tatsächlich sagen, dass wir die Reservierung nicht halten können. In den letzten drei Jahren mussten wir vielleicht 10 x einem Gast das Nichterscheinen in Rechnung stellen. Wenn der Kunde krank ist, gibt es natürlich keine Kosten. Friseurdienstleistungen sind ein Geschäft, ich gebe Amazon meine Kreditkarte, ich gebe meine Kreditkarte, wenn ich eine Gesichtsbehandlung bekomme, ich gebe meine Kreditkartendaten überall im Internet ein… Und wir ändern somit letztendlich das Verhalten unserer Gäste. Denn es hat wirklich allen bewusst gemacht, dass wir uns als Friseure manchmal verbiegen. ‚Aber nein, es ist keine große Sache, dass du mich jetzt sitzen lassen hast und ich drei Stunden Zeit für dich eingeplant habe…‘ Jetzt, wo wir dieses Terminstorno-Konzept haben, lassen wir sie wissen, dass es eben doch eine große Sache ist, wenn sie den Termin einfach nicht wahrnehmen.
Die Traumsituation für jeden Friseur: 4 Kunden am Tag statt Dauerschleife!?
Robert Cromeans: Jeden Tag, wenn wir doppelt und dreifach gebucht sind, geben wir nicht unser Bestes. Ich gebe dir als Friseur keine Wertschätzung, ich kenne nicht einmal deinen Namen. Wenn wir das Tempo rausnehmen, SEHEN wir unsere Kunden wieder. Wir kümmern uns nur um den einen, der zu der Zeit seinen Termin hat. Nicht wie sonst, nach dem Motto der Samstag im Salon ist sooo gut und es ist so viel los. Genau wie im Dezember. Nach dem Weihnachtsgeschäft fühlen wir uns wie erschossen. Wenn man jedem Gast eine individuelle Zeit mit viel Liebe schenkt, findet man als Friseur auch seine Balance wieder. Jeder Friseur muss die Balance für sich finden und ich sage nur: Dies ist eine visionäre Ansicht!
Was wenn diese neue Strategie nicht funktioniert?
Stephanie Kocielski: Wir sollten uns daran erinnern, warum wir im Geschäft sind. Ich war immer als Friseurin im Geschäft, um Geld zu verdienen, Spaß zu haben, die Welt zu bereisen, um ein Leben zu führen, von dem meine Eltern nie geträumt hätten. Man kann sich der neuen Welt nicht versperren. Entweder nehmen wir es an oder wir sind verloren. Es ist Zeit, die Regeln zu brechen und neue zu erfinden!
Robert Cromeans: Was, wenn der verrückte Robert Cromeans ein Philosoph der Magie ist? Was wenn? Was, wenn es funktioniert? Es ist vielleicht nicht jedermanns Sache, aber es kann funktionieren. Am Ende des Tages ist der Friseur ein Dienstleister. Wenn du nicht kritisiert werden willst, sei kein Friseur. Wir tun Dienst am Menschen, genau wie der Mann, der dir Frühstück, Kaffee – oder Cocktails – bringt. Und wir müssen dafür sorgen, dass auch die Friseure belohnt werden, weil es ein Beruf ist. Unsere Philosophie beruht auf Nachhaltigkeit, genau wie der Planet. Es ist also mehr als nur mehr Geld zu verlangen, weil ich mehr Klamotten brauche. Finde das Gleichgewicht und finde die Weisheit in dem, woran du glaubst. Die Industrie wurde nicht auf dem Campus gebaut, sondern auf Menschen. Um an diese zu glauben. Wie Paul Mitchell, Vidal Sassoon, Anthony Mascolo…