Die Zeiten, in denen es bestimmte Haarprodukte nur im Salon zu kaufen gab, sind definitiv vorbei. Internetplattformen, zusätzliche Distributionsentscheidungen der Marken und Shopping über Grenzen sind nur einige der Gründe.

Es gab Zeiten – und das war noch gar nicht so lange her – da warben viele Marken mit dem Begriff “friseurexklusiv”. Gemeint ist, dass Verkaufsprodukte beziehungsweise das gesamte Sortiment einer Salonmarke nur beim Friseur erhältlich sind. Dabei ging es nicht nur um Shampoo & Co. Auch Tool-Hersteller wie ghd oder Cloud Nine änderten nach ihrem Markteintritt ihre Distributionskanäle, um ihre Produkte möglichst vielen Kunden zugänglich zu machen.
Was viele nicht wissen: Herstellern ist es durch das EU-Recht nicht erlaubt, in ihren Verträgen eine Klausel einzubauen, die das Verkaufen ihrer Produkte über das Internet verbietet. Hinzu kommt die EU-Geoblocking Verordnung, die dem Verbraucher verspricht, auch in anderen Ländern wie ein Einheimischer einzukaufen (shop like a local).
Online Shops, eigens vom Salon betrieben oder auch auf Hair & Beauty spezialisierte Plattformen, bieten heute ehemals friseurexklusive Produkte zum Kauf an. Globale Onlineshops wie Amazon und Ebay sind für Endverbraucher noch attraktiver, da diese mit noch satteren Rabatten locken. Die Folge: Kunden kaufen kaum noch Produkte zum empfohlenen Verkaufspreis im Friseursalon ein. Diese Einkommensquelle versiegt zusehends. Friseure, die keine Top-Verkäufer sind, wird diese Situation weniger belasten als diejenigen, die ihren Kunden nach jeder Salonbehandlung ein individuelles Produktset zusammengestellt haben – und somit diesen Umsatz stets mit einkalkulieren.
Hauptthema Preispolitik
Natürlich kann jeder Salon seinen eigenen Shop im Internet eröffnen. Nur wer pflegt diesen? Wer verschickt die Ware? Und was bringt es, wenn die Haarkur anderweitig für 30% weniger angeboten wird? Da sind die Minirabatte, die die Marken dem Friseur einräumen, ein Tropfen auf den heißen Stein. Es gibt nur ein Argument, das hier noch zählt und das ist der Friseur in seiner Funktion als Haarprofi. Denn nichts geht über eine professionelle Beratung vor und nach der Haarbehandlung. Und mit ein wenig Verkaufsgeschick gelingt es sicher, hier und dort ein Produkt an den Mann beziehungsweise an die Frau zu bringen. Nur ist das kein Ersatz für die schleichend weggebrochene Einnahmequelle.
Was ist die Alternative?
Was also tun? Eine eigene Marke kreieren ohne Marge abgeben zu müssen? Müßig und nur dann empfehlenswert, wenn man genug Mitarbeiter, stets ein Auge für Trends und den Willen hat, seine Marke auch zu optimieren und auszubauen. Denn nur Produkte sind’s eben nicht, die den Erfolg ausmachen. Marketing, Social Media, Werbebudget, Kosmetikrichtlinien und andere Vorgaben gehören genau wie kalkulatorisches Geschick zu einer eigenen Marke, die einmal Erfolg haben soll.
Eine Alternative: Jedes Jahr kommen frische, junge Marken auf die Bühne, die noch nicht so verbreitet sind. Aus Deutschland, aus Europa, aus Übersee. Hier sollte man die Augen aufhalten, schauen, selbst testen, überlegen, ob die Brand zur Kundschaft passen könnte und zunächst ein kleines, feines Zusatzsortiment in den Salon holen. Wer sein Verkaufstalent nicht verkümmern lassen mag, kann auch auf ein feines Eau de Parfum, einen außergewöhnlichen Raumduft oder ein kleines Make-up Sortiment setzen, das es nicht überall gibt. Argumente wie vegan, exotisch oder nachhaltig ziehen Kunden gerade magisch an. Gepaart mit ein wenig Exklusivität kann dies durchaus eine sich lohnende Strategie sein.
Das Dilemma der nicht mehr friseurexklusiven Produkte ist nicht neu, aber umso prekärer aufgrund der aktuellen Situation. Salonkunden kommen seltener, um zu sparen. Die Inflationsrate hat ein 40-Jahreshoch erreicht… Zeit, sich neu zu orientieren und nach Nischen zu suchen. Im Hinblick auf die Produktauswahl im Salon geht es um innovative Produkte mit Zeitgeist. Wo man die findet? In der jeweiligen Kundenzielgruppe umhören, Trends auf Social Media erspüren, auf Reisen ins Ausland stets ein paar Store-Checks (Parfümerien, Luxuskaufhäuser, Top Salons) einplanen und schauen, worauf die Jugend gerade abfährt…