Henrik Haverkamp: Wir können nur dann erfolgreich sein, wenn unsere Kundinnen und Kunden erfolgreich sind.
Sie haben zuletzt die Nordischen Länder bei der Wella Company betreut. Was können wir von Schweden & Co. lernen?
Henrik Haverkamp: Kulturell betrachtet fällt mir da als erstes etwas mehr Gelassenheit und Geduld ein. Der Weg zum Erreichen der Ziele ist dadurch oftmals unaufgeregter, aber nicht weniger zielgerichtet und nicht weniger erfolgreich. Für die Friseurbranche sehe ich drei Vorteile oder Entwicklungen, die ich auch gerne in Deutschland bei unseren Kunden und Kundinnen sehen würde. Zum einen haben Friseure und Friseurinnen in Schweden, aber auch allen anderen skandinavischen Ländern, es sich erarbeitet, dass die Wertschätzung für den Friseurberuf immer hoch gewesen ist. Das führt dazu, dass die Dienstleistungspreise deutlich höher liegen und der Wert dieser dadurch besser abgebildet wird. Zum anderen wird die Empfehlung von professionellen Haarprodukten für zu Hause als Möglichkeit gesehen, sich ein zusätzliches Umsatz-Standbein aufzubauen. Es besteht ein größeres Vertrauen bei Kunden und Kundinnen direkt im Salon Produkte zu kaufen, um die perfekte Pflege für ihr Haar mit nach Hause zu nehmen. Und, als letztes, das ist sicher keine Überraschung: alle Salonabläufe, die man digital managen kann – sei es Terminbuchung, Kassensystem, Personalmanagement usw. – werden auch digital gemanagt. Das zahlt wiederum auf die Wertschöpfungskette im Salon ein.
Stürmische Zeiten: Wella hat sich vorgenommen, die Friseure gerade jetzt noch einmal mehr zu unterstützen…
Henrik Haverkamp: Richtig; wie ich immer sage, wir können nur erfolgreich sein, wenn unsere Kunden und Kundinnen erfolgreich sind. Somit ist es unserer Verantwortung als Marktführer in Zeiten wie diesen, der starke Partner an ihrer Seite zu sein. Unter dem Dach von „Count on Wella“, haben wir unsere Aktionen und Angebote gebündelt, um das Salongeschäft zu stärken. Da sprechen wir von schnellen und nachgefragten Dienstleistungen wie Shinefinity, um den Umsatz pro Kunde zu erhöhen. Wir sprechen aber auch über unser weitreichendes Education Angebot mit 9 Studios im D/A/CH Gebiet, da wir wissen, dass Unternehmen, die in Weiterbildung investieren bis zu 20% mehr Umsatz durch höherwertige Dienstleistungsangebote generieren. Oder maßgeschneiderte Programme, die durch unsere Partner Salonimpuls oder Cut Climate Change zur Verfügung gestellt werden für smartes Salonmanagement bzw. Nachhaltigkeit im Salon. Oder eben digitale Tools, um die Wertschöpfung im Salon zu optimieren.
Mit der Ultimate Repair Serie, die im Mai in die Salons gekommen ist, setzt Wella auch auf den Skinification Trend?
Henrik Haverkamp: Die Motivation für Ultimate Repair war in erster Linie das Bedürfnis von Konsumenten und Konsumentinnen, strapazierte Haare zu reparieren und ihnen Glanz und Geschmeidigkeit zu geben. Und ja, warum nicht bekannte Beauty Regimes nutzen, um das Beste aus Ultimate Repair herauszuholen. Der Beauty Markt wächst deutlich stärker als der für professionelle Haarprodukte bzw. Dienstleistungen und wir wollen mit der Neu-Lancierung an diesem Trend stärker partizipieren. So haben wir uns nicht nur bei den Inhaltsstoffen, sondern auch bei der Anwendung von der Hautpflege inspirieren lassen.
Haarschäden in 90 Sekunden reparieren – wie funktioniert das?
Henrik Haverkamp: Bislang konzentrieren sich gängige Haarpflege-Rezepturen vor allem auf die innere Haarstruktur. Dank unserer exzellenten Forschungs- und Entwicklungsabteilung und über 140 Jahren Haarkompetenz, auf die wir zurückschauen dürfen, konnten wir ein hochwirksames Duo aus Alpha-Hydroxysäure (AHA) und Omega-9 entwickeln, das die Haare repariert und schützt. Mit Ultimate Repair gibt es so nun endlich eine ganzheitliche Lösung für regeneriertes Haar – von innen und außen.
„Make it Legendary“ gefällt uns. Was braucht es, um einen „legendären“ Look zu kreieren?
Henrik Haverkamp: Legenden werden geboren, weil Menschen oder Innovationen den Status Quo verschieben. Und wir haben das bereits mehrmals bei Wella getan. Ultimate Repair wird sich in diese lange Geschichte einreihen. Für einen legendären Look braucht es die richtige Inspiration, den Mut vielleicht noch nie da gewesene Styles auszutesten, natürlich professionelle Haarprodukte und den Trend Experten alias Friseur oder Friseurin an deiner Seite. Aber klar, was am Ende als legendär gilt, ist natürlich auch immer abhängig vom Auge des Betrachters.
Sollte sich ein Friseur wie beispielsweise in New York oder L.A. auf eine Disziplin (nur Farbe, nur Schnitt, nur Styling) konzentrieren?
Henrik Haverkamp: Das kann man nicht pauschal beantworten. Es ist absolut richtig, dass eine Spezialisierung – egal ob jetzt im gesamten Salon oder verteilt auf einzelne Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen – einem Friseur ein stärkeres Profil gibt und er damit eine Marktnische besetzen kann. Er oder sie ist nicht einfach austauschbar und wir sehen eine höhere Kundenloyalität. Und zumeist auch eine größere Wertschöpfung, da Spezialisierung mit Premium-Services einher geht. Jedoch gibt es auch Marktsegmente, die durch Generalisten besetzt werden können. Egal für was man sich entscheidet, ein Friseur-Unternehmen sollte sich im Klaren sein, wer und wie es sein möchte. Welche Kunden und Kundinnen möchte man haben und auch welche Mitarbeiter möchte man gewinnen.
Den egal welchen Weg man geht, ein stetiges Investment in Mitarbeiter – ob jetzt zum Color Experten oder Social Media Guru des Salons – sorgt für stärkere Mitarbeiterbindung, macht einen attraktiv für neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und stärkt automatisch die Salonmarke.
Wie sieht für Sie das Salongeschäft in 2024 aus? Was kommt, was bleibt?
Henrik Haverkamp: Wenn man den Prognosen trauen darf, werden wir uns 2024 langsam aus der Talsohle herausbewegt haben und es sieht generell positiver aus. Für das Salongeschäft heißt das, das wir bis Jahresende nur marginale Verbesserungen erwarten, aber die Situation nutzen sollten, Unternehmen auf den Prüfstand zu stellen, um vom prognostizierten Aufwärtstrend profitieren zu können. Jedoch wird eine Herausforderung unsere Industrie sehr lange noch beschäftigen und sich nicht von alleine lösen – das Gewinnen von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.
Das Positive nach der Pandemie bleibt aber bestehen: Friseure sind besser wertgeschätzt, der Trend zu Individualisierungen und Beauty Boom wird ungebrochen sein und wer jetzt investiert, wird erfolgreicher sein. Egal welches Jahr wir schreiben, Friseure und Friseurinnen sind und bleiben einfach einzigartig.
Was inspiriert den Chef der Wella Company gerade?
Henrik Haverkamp: Der intensive Kundenkontakt, den ich in den vergangenen Wochen hatte. Erst bei der Top Hair in Düsseldorf und dann im April während unserer 3-tägigen Kundenreise auf Gran Canaria. Es motiviert mich jeden Tag, mich mit erfolgreichen, kreativen und leidenschaftlichen Friseuren & Unternehmern auszutauschen und gemeinsam Ideen zu erarbeiten. Das macht Spaß.